Position des Vereins

Wachstum und Mobilität hat Grenzen
Das Ausharren im Konflikt um eine Straße, in unserem Falle der B26n, ist für die Bürgerinitiative solange wichtig, wie die Landes- und Bundesregierung an ihrer alten Verkehrspolitik haften bleiben. Dies wird allerdings für alle Konfliktparteien zu keinen zufriedenstellenden Lösungen führen. Um sich aus dem Dilemma zu lösen, muss man die Streitebene „Straße ja-nein“ verlassen.

Übergreifend auf die gesamt bundesdeutsche Verkehrspolitik ist es höchste Zeit, dass sich alle frei machen für neue Denkweisen über die Mobilität. Sich trennen von festgefahrenen Vorstellungen und alten Entscheidungsstrukturen in Ämtern, Instituten und Unternehmen. Letztlich sind auch die Bürger aufgerufen, die Mobilität neu zu entdecken.

Erster wichtiger Schritt um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, ist ein Moratorium für den Fernstraßenneubau. Die absurd lange Auflistung von Straßenbauprojekten verträgt eine solche Beschneidung. Sodann können die tieferen Gründe für den derzeitigen Konflikt zwischen Mobilität einerseits, sowie andererseits dem Umweltschutz und der Gesundheit sachlich offengelegt werden.

Die Verkehrspolitik der Bundesregierung drückt sich im Wesentlichen in der Ermittlung des Bedarfs an neuen Verkehrswegen und deren baldmöglichsten Bau aus. Aller größten Vorrang hat dabei der Straßenbau. Man tut so als könnten alle Wachstumsbereiche, Siedlungswesen, Wirtschaft, Freizeitgestaltung sich eines unendlichen Ausbaus von Verkehrsflächen (Straßen) bedienen. In Folge prognostiziert man wachsende Verkehrsströme und leitet daraus neuen Bedarf ab. Diese Vorgehensweise wurde schon Ende des 20. Jahrhunderts als problematisch bewertet. Für die Zukunft gilt dies in viel höherem Maße. Mittlerweile stößt man jedoch unübersehbar an ihre Grenzen. Es sind letztlich die Grenzen der Belastbarkeit der Menschen und der Umwelt, aber auch der volkswirtschaftlichen Belastungen. So gesehen ist der Bundesverkehrswegeplan, der Infrastrukturmaßnahmen für die Mobilität über Jahrzehnte fortschreibt, eine absurde Ansammlung von Projektwünschen, die das Desaster dieser Politik offenbart. Durch den Bundesverkehrswegeplan werden richtungsweisende Innovationen blockiert, weil sie stets auf Bedarfsermittlungen nach altem Stil aufbauen.

Grenzen anerkennen
Eine der Grenze hat man notgedrungen eingestanden: Wer viele Straßen gebaut hat, muss viele Straßen unterhalten, sonst nützen tausende von Straßenkilometern nichts. Die Erkenntnis, dass die Bauwerke vergangener Jahrzehnte eine deutlich kürzere Halbwertszeit besitzen (dies gilt v.a. für Brückenbauwerke) als ursprünglich kalkuliert, trug dazu bei. Noch nicht eingestehen will man sich, dass der ungestüme Bau weiterer neuer Straßen das Problem für die kommenden Generationen verschärfen wird!

Den Forderungen nach höherer Mobilität durch mehr Straßen nachkommen zu wollen, verschärft den Konflikt um die verfügbaren Ressourcen. Unbestritten ist es, das Gebot des deutlichen Minderverbrauchs von Flächen einzuhalten. Der Katalog von Straßenneubauprojekten im BVWP zeigt jedoch, wie wenig ernst man dies nimmt, eigentlich nicht beachtet, selbst wenn das Bundesamt für Umwelt Alarm schlägt.

Landschaft und Trinkwasser sind begrenzte Ressourcen
Schützenswerte Ressourcen sind aber auch das Trinkwasser, die saubere Luft, die lärmfreien Landschaftszonen, die ökologisch wertvollen Gebiete mit ihrer Artenvielfalt, ausreichende, unbelastete Flächen für die Landwirtschaft und nicht zuletzt gesunde Wohnsiedlungsräume. Der Schutz dieser Ressourcen ist mit dem Straßenneubaukatalog des BVWP unvereinbar! Die Grenzen des Wachstums der Straßenkilometer ist erreicht! Mobilität ja, aber nicht zu dem Preis den die bisherige Verkehrspolitik abverlangen will. Die globale Verantwortung in diesem Zusammenhang sei hier nur erwähnt.

Die B26n ist ein solches Straßenneubauprojekt, bei dem man mit voller Schärfe an alle genannten Grenzen stößt, ja sie überschreitet. Dies ist der Hintergrund für die starke Bürgerinitiative gegen die B26n in Mainfranken. Die Auseinandersetzungen um die B26n ist ein fataler Konflikt, weil Bürger in pro und contra einander gegenüberstehen und es im Rahmen der derzeitigen sehr eindimensionalen Verkehrspolitik nur Verlierer geben kann. Der Stärkere, der mit dem längeren Atem, könnte der scheinbare Gewinner sein.

Lösungsansätze
Wenn die bisher formulierten Zielsetzungen der Mobilitätspolitik unsere Lebensgrundlagen gefährden, ja zerstören, müssen sie falsch sein. Verkehrspolitik darf nicht länger nur eine Art Vollzugspolitik sein, sondern muss eigene Grundlagen entwickeln und eigene Maßstäbe setzen, die vor allem in Einklang mit den Ressourcen, der Umwelt und der Gesundheit der Bürger stehen. Die Mobilität muss in höherem Maße nachhaltig werden. Die von einer solchen Mobilitätspolitik ausgehenden Impulse müssen Vorgabe für Entscheidungen in andere Bereiche der Politik sein, z.B. Siedlungspolitik, Wirtschaftsstrukturpolitik und Sozialpolitik.

Die Innovationen von Wissenschaft, Wirtschaft, aber auch die zukunftsorientierte Mobilitätspolitik anderer Staaten müssen abgerufen werden. Die Vorstellungen über Mobilität im 21. Jahrhundert braucht neue Konturen und in Folge auch andere neue Infrastrukturmaßnahmen.

Ohne auf die besonderen Aspekte des Energiebedarfs von Mobilität einzugehen, könnte man Fragen nachgehen, die den Mobilitätsbedarf und die hierfür notwendige Infrastruktur betreffen.

Fragen können hierzu sein:

Wie kann man die Kapazität bestehender Verkehrswege erhöhen?
Wie lassen sich bestehende Mobilitätsinfrastrukturen besser vernetzen?

Welche neue Logistik wird den „Just-in-time-Gütertransport“ ablösen müssen?
Welche wirtschaftliche Entwicklung ist für Mainfranken zukunftsweisend?
In welchem Maße können IT-Arbeitsplätze Pendlerströme reduzieren?

Wie kann man die Effizienz des ÖPNV zu Hauptverkehrszeiten erhöhen (z.B. die „Ein-Mann-ein-Auto-Pendlerverkehre“, und insbesondere Pendelverkehre auf Autobahnen reduzieren)?
Wie sieht eine Nutzen-Kosten-Rechnung des ÖPNV aus und wie lässt sich dieser Faktor steigern?
Wie lässt sich das Problem der Fernpendler gerecht lösen?
Durch welche Strukturpolitik (Siedlungs- und Handels- und Gewerbestrukturen) kann der Bedarf an neuen Verkehrswegen reduziert werden?
Wo fehlen schnelle Verbindungen im ÖPNV-Netz, die den ÖPNV attraktiv machen?

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